We Will Survive

Frühlingsgefühle kann man auch im Winter pflegen. Wer beim Adventsbacken im Julie-Roger-Haus für Senior*innen den Weihnachtsmann, pardon, den Weihnachtsmenschen mit Penis, Brüsten oder beidem ausstatten möchte - bitte schön. In der allumfassend lebensbejahenden Atmosphäre des Hauses hat sicher niemand etwas dagegen. Leiter Arnim Blum ist äußerst stolz darauf, dass eine Zeitung "sein" LGBT-freundliches Haus im Stadtteil Eckenheim zu Frankfurt/Main einmal mit den Worten beschrieb: "Hier darf Opa endlich schwul sein." Einen Ort zu schaffen, an dem alle das Leben in vollen Zügen genießen können, hat für Blum und sein Team oberste Priorität. Dazu gehört Mobiliar in einem Stil, der in der Jugend der Bewohner*innen üblich war – aber eben auch Sexualität jedweder Orientierung. Dass sich eine Bewohnerin zum 100. Geburtstag eine männliche Striptease-Darbietung wünschte, machte Schule bei ihren Mitbewohner*innen. Und wurde so zur Inspiration für Parties mit erotischen Darbietungen für alle, auch zur Weihnachtszeit. Manche Feier in diesem gemütlich-plüschigem Ambiente ist eine Hochzeit. Mal zwischen Mann und Frau, mal gleichgeschlechtlich. Und nicht nur Bewohner finden hier die Liebe, auch ein junger Pfleger und sein Mann arbeiten als Paar im Julie-Roger-Haus. Heikle Seiten des Zusammenlebens spart der Film nicht aus. So hört die Sehnsucht nach Nähe bei Menschen mit Demenz keineswegs auf – gleichzeitig schwindet jedoch ihr Gefühl für sozial angemessene Distanz. Die Pflegekräfte müssen einen Weg finden, damit umzugehen. In WE WILL SURVIVE beobachtet Regisseurin Nele Dehnenkamp den oft fröhlichen und herzerwärmenden, aber auch herausfordernden Alltag dieses ganz besonderen Ortes.